Betancuria Verträumte Stadt mit langer Geschichte
Wenn man aus Richtung Pajara von Süden her kommend die FV 30 entlang in Richtung Norden fährt und dann über die Serpentinen vorbei am meist trockenen Stausee Embalse de Las Peñitas (Am Aussichtspunkt lohnt ein kurzer Stop) und an der kleinen Ortschaft Vega de Rio Palmas weiterfährt, erscheint nach ein paar Kilometern ein weiteres ziemlich verträumtes Dörfchen: Betancuria. Für mich ist Betancuria, die historische Inselhauptstadt, eine der sehenswertesten Ortschaften - wenn nicht sogar die Sehenswerteste - auf ganz Fuerteventura. Sie ist benannt nach dem normannischen Inseleroberer Jean de Bethancourt, der 1402 die Insel als zweite des kanarischen Archipels nach Lanzarote für die spanische Krone in Besitz nahm und die Stadt 1405 auch als erste Ortschaft Fuerteventuras weit von der Küste entfernt im Schutz der Berge gegründet hat.
Hier ist auch die alte Bischofskirche, aus der Zeit als Fuerteventura Bischofssitz war. Dies war in den Jahren 1424 bis 1430 als eine Kirchenspaltung den Papst veranlasste, ein Bistum auf Fuerteventura als Gegenpol zum bereits bestehenden Bistum von Lanzarote einzurichten. Als die Einigkeit der Kirche dann wieder hergestellt war, wurde auch das Bistum auf Fuerteventura schnell wieder aufgehoben. Kurios ist dabei nur: Der Bischof hat in der gesamten Zeit die Insel nie betreten und seine Kathedrale nie gesehen.
Der heutige dreischiffige Kirchenbau stammt aus dem 17. Jahrhundert, da der alte Kirchenbau beim großen Piratenüberfall von 1593 stark gelitten hatte und fast komplett erneuert werden mußte. Besonders sehenswert ist die hölzerne Decke im Mudéjar-Stil aus dem Jahre 1645. Der barocke Hauptaltar stammt aus dem Jahr 1684. Eine Besichtigung der Kirche lohnt sich und ist immer zu jeder vollen Stunde möglich. Die Eintrittskarte gilt auch für das Museo de Arto Sacro und kostet 200 Peseten (Euro-Preise sind derzeit leider nicht bekannt).
Um den Kirchplatz herum stehen eine Anzahl von alten Patrizier- und Adelshäusern mit dem typischen kanarischen Holzbalkon. Sie sind in den letzten Jahren sehr schön renoviert worden und in einem dieser Häuser findet man die "Casa Santa Maria", ein Restaurant mit einem sehr schönen Laden im Erdgeschoß, der einheimische Produkte und Souvenirs führt. Dort kann man auch Kunsthandwerkern bei der Arbeit zuschauen und gleichzeitig deren Arbeiten erwerben. Weiterhin findet man in diesem Areal das Museo de Arto Sacro, das Museum für kirchliche Kunst. Hier kann man verschiedene Skulpturen und klerikale Gewänder von der Insel sowie das Eroberungsbanner Fuerteventuras besichtigen. Das Museum ist zur halben Stunde zu besichtigen, immer 30 Minuten nach der Kathedrale. Das Eintrittsgeld ist bereits in dem der Kirche enthalten.
An der Durchgangsstraße des Ortes befindet sich in einem der alten einstöckigen Herrenhäuser neben ein paar einfachen Geschäften und einem Restaurant auch die Casa Museo de Betancuria. Dieses "Heimatmuseum" Fuerteventuras zeigt eine schöne Sammlung an Hausrat und Gerätschaften sowie die größte Sammlung vorspanischer Ausstellungsstücke auf der gesamten Insel. Die beiden Kanonen die vor dem Haus stehen, sind antike Beutestücke aus der Schlacht von Tamancite im Jahre 1740, als man einen dreisten Eroberungsversuch britischer Freibeuter mit einer List zurückschlagen konnte.
Wenn man von der Kathedrale zurück zur Hauptstraße geht, diese an einem kleinen trockene Bachlauf überquert und weiter das Tal entlanggeht, so gelangt man bald zur Ruine des Convento de Buenaventura. Dieses ehemalige Franziskanerkloster wurde vor ein paar Jahren renoviert und die Ruine strahlt nun eine angenehm friedliche Ruhe und Besinnlichkeit aus.
Nur Sieben Mönche wurden geschickt und haben von hier aus die gesamte Insel Fuerteventura innerhalb recht kurzer Zeit missioniert. Bereits im Jahr 1416 kamen sie auf die Insel und begannen sofort mit dem Bau des Konvents, das dann allerdings im Jahr 1835 im Zuge der Säkularisierung aufgelöst wurde und der Gemeinde Betancuria danach lange als Steinbruch gedient hat. Alle wertvollen Gegenstände und auch die einst sehr schöne Mudéjar-Decke wurden seinerzeit entweder verkauft oder in andere Kirchen Fuerteventuras geschafft.
B e i der Weiterfahrt über die Serpentinen aus dem Tal heraus in Richtung Valle des Santa Inés sieht man rechterhand auf einem Berg ein interessantes Gebäude. Oberhalb von Betancuria in Richtung Norden, auf der Montana Tegú, wurde in den Jahren 1999 und 2000 ein Mirador gebaut, von dem man einen wirklich herrlichen Ausblick auf fast das gesamte Inselinnere hat. Bei gutem Wetter kann man auch Lanzarote im Dunst erkennen. Das Bauwerk ist entworfen und im Bau auch noch überwacht worden von Cezar Manrique, dem bekannten Architekten und Landschaftsgestalter von der Nachbarinsel Lanzarote. Dies war sein letztes Projekt, bevor er bei einem Autounfall ums Leben kam. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall, auch wenn man 200 pta (Euro-Preisesind derzeit leider nicht bekannt) pro Person für den Zugang bezahlen muß.